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Klimakrise: Heiss, heisser, Fischsterben

Wenn die Sonne tagelang vom Himmel brennt und die Niederschläge ausbleiben, dann wird es schwierig für die aquatischen Ökosysteme und die Lebewesen in ihnen. Unsere Gewässer sind von der Klimaveränderung besonders stark betroffen. Auf dieser Seite wird ein kurz vorgestellt warum das so ist und was man dagegen tun kann. Auf den Unterseiten finden Sie:

Die gesellschaftlichen und politischen Anpassungen auf die neue Realität mit erhöhten Temperaturen und Wetterextremen werden uns noch eine ganze Weile beschäftigen. Dabei geht es neben den aquatischen Ökosystemen als Lebensraum auch um Fragen der Trinkwasserversorgung, der Art wie wir Landwirtschaft betreiben und wie wir Strom verbrauchen und produzieren. Also schlicht um unseren Lebensstil, von der Ernährung bis hin zum generellen Wasserverbauch.
Im Jahr 2022 akzentuierten sich durch den Ukraine-Krieg die schon lange vorhandenen und zusammenhängenden aber bislang gern missachteten Themenfelder der Klimakrise, der Biodiversitätskrise und der Energiekrise. Wir befinden uns also in Zeiten der mulitplen Krisen, in deren Umgang wir zwingend holistisch denken und handeln sollten.

Zunahme der Wassertemperaturen

Zunahme der Wassertemperaturen ausgewählter Schweizer Flissegewässer (NCCS, 2021)

Analog zu den Lufttemperaturen ist in der Schweiz eine Zunahme der mittleren jährlichen Wassertemperaturen zu verzeichnen (siehe Grafik rechts). Nach Szenarien des National Centre for Climate Services ist in den Fliessgewässern mit einer weiteren Zunahme von +2 °C mit bis +5.5 °C ohne Klimaschutzmassnahmen zu rechnen. Bei den Seen geht man von einer Zunahme von +1 °C mit bis +3.5 °C ohne Klimaschutzmassnahmen aus.¹

Die erhöhten Wassertemperaturen haben wiederum vielfältige Auswirkungen auf die aquatischen Lebewesen – siehe eine Zusammenfassung der komplexen Zusammenhänge hier.
Bei Fischen ist es grundsätzlich so, dass sie je nach Art, Alter und auch nach genetischer Anpassung unterschiedliche Temperaturpräferenzen haben. Kommt es ober- und unterhalb davon zu Extremen führt dies zu Fischsterben.

Veränderung der Abflussverhältnisse

Zusätzlich zu den erhöhten Wassertemperaturen verändern sich auch die Schweizer Abflussverhältnisse: Dass NCCS geht mit einer Zunahme von Winterabflüssen von +10 % mit bis +30 % ohne Klimaschutzmassnahmen und von einer Abnahme der Sommerabflüssen von -10 % mit bis -40 % ohne Klimaschutzmassnahmen aus.¹

WInterlaichende Seeforellen, Goldach (SG)

Dadurch ist in den Sommermonaten mit einer vermehrten Trockenheit und nochmals höheren Wassertemperaturen und häufigeren Winterhochwassern zu rechnen.
Die Trockenheit gefährdet alle in den Gewässer vorkommenden Arten, unabhängig von ihrer potentiellen Tolleranz gegenüber hohen Wassertemperaturen – ohne Wasser gibt es für sie kein Leben. Ein Wiederbesiedlung von zwischenzeitlich komplett ausgetrockneten Flussabschnitten verläuft nur langsam – insbesondere wenn die Trockenheit wiederkehrend stattfindet.
Winterhochwasser auf der anderen Seite sind besonders für die im Winter laichenden Salmoniden eine Gefahr, ihnen können die Laichplätze ausgeschwemmt werden, was bis zu einem Totalausfall einer Fischgeneration führen kann.

Veränderung der Mischungsdynamik der Seen

Die Zunahme der Wassertemperaturen führt zu einer stabileren Schichtung der Seen: die Schichtung beginnt früher und löst sich im Herbst später auf. Dadurch verlängert sich der Zeitraum in welchem in der Tiefe der Seen Biomasse abgebaut und dabei Sauerstoff verbraucht wird. Zudem nimmt sowohl die Intensität als zum Teil auch die Häufigkeit der Mischung ab (wegen der geringeren Temperaturdifferenzen) wodurch weniger Sauerstoff aus den oberen Wasserschichten ins Tiefenwasser nachgeliefert wird. Dies führt insgesamt zu einer Zunahme der Sauerstofffreien Zonen im Tiefenwasser, was wiederm den Lebensraum von Fischen einschränkt und z.B. den Laichprozess von bodenlaichenden Felchen beeinträchtigt bis verunmöglicht. 
Die veränderte Mischdynamik beeinflusst zudem auch den Nährstoffkreislauf, wodurch vemehrt (toxische) Algenblüten auftreten können.6

Klimakrise verschärft bestehende Herausforderungen

Weltweit sind die Lebensräume wildlebender Arten unter grossem Druck und die Biodiversität nimmt ab. Die Süssgewässer sind von dieser Entwicklung besonders stark betroffen: Zwischen 1970 und 2018 wurde ein Rückgang der Populationsbestände im Süsswasser um durchschnittlich 83 % festgestellt – da ist mehr als in den terrestrischen Lebensräumen oder im Meer³. Wenn man die Wanderfische in Europa anschaut, dann wurde in diesem Zeitraum sogar ein Rückgang von 93 % ermittelt4. Auch die Schweizer Gewässer sind von dieser Entwicklung betroffen: Die Gewässer wurden begradigt, unter die Erde verlegt, durch Hindernisse zerstückelt, belastet durch Nährstoffe, Pestizide und Mikroverunreinigungen. 60 % der Schweizer Fischarten sind auf der roten Liste der gefährdeten Arten und 8 Fischarten gelten als ausgestorben5.

Der Klimawandel verstärkt die bestehenden Herausforderungen und setzt die Gewässer und die Lebewesen in ihnen weiter unter Druck! Wir müssen unseren Gewässern wieder mehr Raum geben, sie revitalisieren und vor chemischen Belastungen schützen – nur dann sind sie resilient und können in Zeiten der Klimakrise noch die vielen Funktionen erfüllen, welche wir ihnen abverlangen.

Langfristige Auswirkungen auf die Fischfauna

Durch die zunehmende Erwärmung unserer Gewässer, kann davon ausgegangen werden, dass es langfristig gesehen zu einer Verschiebung der Fischartenzusammensetzungen kommen wird. Besonders stark betroffen sind hiervon die Mittellandgewässer. Wärmetolerante Cypriniden und gewisse eingeschleppte Arten (Neozoen) werden davon profitieren, kälte- und sauerstoffliebende Arten werden zunehmend verdrängt werden. Bis zu einem gewissen Masse wird es hierbei zu einer Verschiebung dieser Arten in höhere Lagen kommen, aber in gewissen Gewässern werden diese Arten schlicht aussterben. 

Diese Entwicklung an sich lässt sich nicht mehr aufhalten. Das Ausmass der Veränderungen hängt jedoch von uns Menschen ab, indem es in unseren Händen liegt ob und wie rasch wirksame Klimaschutzmassnahmen ergriffen werden.7

Massnahmen zur Minderung der Auswirkungen

  • konsequente Beschattung von Fliessgewässern
  • Kaltwasserrefugien kartieren, erhalten, schützen
  • sinnvolle Revitalisierungen vorantreiben
  • lokale Fischpopulationen fördern
  • Durchgängigkeit wieder herstellen (inklusive Seitengewässer)
  • Wasserentnahmen, -einleitungen und Kraftwerknutzung der Klimakrise anpassen
  • Schwammstädte fördern, welche Thermopeaks und Hochwasser minimieren
  • ggf. Vorranggewässer ausscheiden
  • Nährstoffeinträge in Seen minimieren

1 NCCS (Hrsg.). (2021). Schweizer Gewässer im Klimawandel. Nationale Centre for Climate Services. Zürich.
2 NCCS (Hrsg.). (2021). Schweizer Gewässer im Klimawandel. Broschüre. Nationale Centre for Climate Services. Zürich.
3 WWF (2022). Living Planet Report 2022. Builidng a nature-positive society
. Almond, R.E.A., Grooten M., Juffe Bignoli, D. & Petersen, T. (Eds). World Wide Fund for Nature (WWF) (Hrsg.), Gland, Switzerland.
4 World Fish Migration Foundation (2020). Living Planet Report LPI) for migratory freshwater fish. Technical Report. World Fish Migration Foundation (Hrsg.), Groningen.
5 Verordnung zum Bundesgesetz über die Fischerei (VBGF) vom 24. November 1993, Stand am 1. Januar 2021 (923.01).
6 BAFU (Hrsg.) (2022). Gewässer in der Schweiz. Zustand und Massnahmen. Bundesamt für Umwelt (BAFU), Bern. Umwelt-Zustand Nr. 2207.
7 Aquaplus (2022). Fischschutzmassnahmen bei Hitzeereignissen. Arbeitshilfe. Pilotprojekt F.13 im Rahmen des Pilotprogrammes zur Anpassung an den Klimawandel. Im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (BAFU). Zug.